London Shah: Water Rising – Flucht in die Tiefe

Lesepunkte: 3 Punkte
AutorIn: London Shah
Titel: Water Rising - Die Flucht in die Tiefe
Verlag: Loewe ISBN: 978-3-7432-0857-5
Seiten: 464 Preis: 18,95€
Altersempfehlung: ab 14 Jahren

Rezensiert von: Annika Walter, 9. Klasse [Max-Planck Gymnasium Lahr, betreut von: Aïsha Hellberg]

„Die Angst ist allumfassend, eine Sintflut, die in die dunkelsten Abgründe unseres Selbst eindringt. In die gähnende Kluft, die die Überschwemmungen in uns allen hinterlassen hat. Die Angst atmet in der fast greifbaren Dunkelheit, die uns überall umgibt und unaufhörlich an uns zerrt - ich weiß es verdammt noch mal nur allzu gut.“ (S.455)

Der Roman „Water Rising - Flucht in die Tiefe“, der von London Shah geschrieben und 2021 durch den Loewe Verlag veröffentlicht wurde, spielt in einer dystopischen Welt Ende des 21. Jahrhunderts.

Diese Welt wurde komplett überflutet, sodass den Menschen (und auch Tieren), die diese Naturkatastrophe überlebt haben, nichts anderes übrig blieb, als ihr Leben den Umständen anzupassen und es unter Wasser weiterzuführen. Und dementsprechend halten die Menschen an der „Alten Welt“, wie sie damals an der Oberfläche existierte, fest und restaurieren die nun unter Wasser begrabenen Bauwerke nach dem Motto:

„Ohne Vergangenheit keine Zukunft“.

Die 16-jährige Leyla lebt im überfluteten London, als ihr Vater ihr entrissen und verhaftet wird.

Doch sie kennt weder den wahren Grund dafür noch den derzeitigen Aufenthaltsort ihres Vaters. Sie verlässt zum ersten Mal London und wagt sich mit einem geheimnisvollen Jungen namens Ari in die Weiten des dunklen Meeres, um ihren Vater zu finden.

Doch auf ihrer Reise stellen sich ihr die Regierung, als Meerestiere getarnte Überwachungs-Drohnen, bisher verheimlichte Wahrheiten und ihre eigene Angst vor dem Unbekannten in den Weg.

So muss sie am eigenen Leib erfahren: „Ohne Vergangenheit keine Zukunft“, aber auch „Ohne Wahrheit keine Zukunft.“

Mir persönlich fiel es anfangs schwer, in die Geschichte wirklich eintauchen zu können, sodass das Lesen zu Beginn recht anstrengend war, teilweise auch aus dem Grund, dass das Verhalten der Charaktere, vor allem der Protagonistin Leyla, oft sehr unnatürlich wirkte.

Ein Beispiel dafür ist, dass sie anfangs, als sie verzweifelt ist, ihr Gesicht gegen die Fensterscheibe „presst“ (S.29, Z.1). Das wirkt auf mich etwas übertrieben und wahrt eine Distanz zwischen Geschichte und Leser:in, die meiner Meinung nach in einem Buch nicht vorhanden sein sollte.

Und dieses übertriebene Verhalten wird ziemlich oft wiederholt. So taucht beispielsweise auch der Satz: „Ich schlinge meine Arme um meinen Oberkörper.“ sehr häufig vor. Auch in Situationen, in denen lieber gehandelt werden sollte.

Leyla ist aber auch sehr impulsiv, was völlig legitim ist, doch ab und an führt das zu fragwürdigen Entscheidungen ihrerseits. Nicht auf Verstärkung zu warten, wenn sie ganz dringend notwendig ist, ist eine davon.

Ein weiterer Kritikpunkt (mein letzter, versprochen) sind einige Unstimmigkeiten in der Logik, was das Leben unter Wasser betrifft.

Ich verstehe nämlich weder wie das Leben unter Wasser anfangs gewährleistet werden konnte (Bau von Kuppeln, Übergang von Wasser ins Haus) noch habe ich durchschaut wie unter Wasser „Rauch und Funken wirbeln“ können, „bevor sie vom Wasser erstickt werden.“ (S.405, Z.22-23). Doch in einem Buch muss ja nicht immer alles logisch sein, schließlich muss auch die Fantasie der Lesenden ihren Teil erledigen.

Und damit komme ich zu den guten Punkten des Romans.

Die Ideen dieser dystopischen Welt, ihrer Lebewesen, Technik und Erfindungen sind faszinierend. Und bei dem schnellen Fortschritt der globalen Erwärmung ist eine Welt unter Wasser vielleicht gar nicht mal so abwegig.

Ich mag auch viele der Charaktere, zum Beispiel der virtuelle Navigator Oscar, der eine Art Nachbildung Oscar Wildes ist und auch dementsprechend gekleidet und wortgewandt.

Da das Ende noch nicht alle meine Fragen beantwortet hat, bin ich beruhigt und froh, dass es auch einen zweiten Band der Reihe „Water Rising“ gibt.

Da der Roman also sowohl seine Stärken als auch seine Schwächen hat, diese für mich aber etwas überwiegen erhält er von mir 3 von 5 Lesepunkten.

Ich würde den Roman Jugendlichen empfehlen, die sich für unsere Zukunft, bzw. die Möglichkeiten wie sie aussehen könnte, interessieren. Sie sollten aber mindestens 13 Jahre alt sein, da es zwar nur wenige wirklich gewalttätige Szenen gibt, aber: Es gibt sie. Denn im dunklen Abgrund des Meeres kann sich alles verborgen halten.

Empfohlene Zitierweise

Annika Walter, Rezension von: London Shah: Water Rising - Die Flucht in die Tiefe. In: LESEPUNKTE 2021, https://www.lesepunkte.de/rezensionen/london-shah-water-rising-flucht-in-die-tiefe
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