Der Roman „Kind aller Länder“ von Imgard Keun, 1938 im Verlag „Querido“ in Amsterdam erstveröffentlicht, thematisiert das Leben in der Emigration aus Sicht der zehnjährigen Kully.
Die Handlung spielt zur Zeit des Nationalsozialismus. Kully und ihre Familie mussten aus Deutschland fliehen, da der als Schriftsteller arbeitende Vater Texte gegen die Nationalsozialisten verfasst hat. Kully lebt meist mit ihrer Mutter in Hotels, während der Vater versucht das Nötigste an Geld zu beschaffen, um Rechnungen bezahlen zu können, da sich seine Bücher außerhalb von Deutschland nicht so gut verkaufen. Auch Kully bleibt nicht lange am gleichen Ort. Sie reist viel mit ihrer Mutter, um Geschäfte für ihren Vater zu unterstützen oder einfach ins nächste Hotel zu ziehen. Trotz all dieser Umstände äußert Kully nie ein schlechtes Wort über ihren Vater. Der einzige Lichtblick für die Familie ist ein Visum für die Vereinigten Staaten, um der immer näherkommenden Bedrohung zu entfliehen. Als der Tag der scheinbaren Sicherheit endlich gekommen war, mussten Vater und Tochter aufgrund eines Zwischenfalls ohne die Mutter über den Atlantik reisen. Jedoch treffen sie sich am Ende des Romans in Amsterdam wieder.
Kullys Mutter scheint oft sehr verzweifelt zu sein. Sie weint viel und ist meist auf sich allein gestellt. Der Vater ist der Ernährer der Familie und versucht vieles, um sie über Wasser zu halten. Trotzdem lebt er einen eher verschwenderischen Lebensstil. Er trinkt viel und verschenkt bzw. verleiht das wenige Geld oft an andere Emigranten oder Bedürftige.
Der Roman wird aus der Sicht von Kully erzählt. Dadurch, dass sie noch ein Kind ist, spiegelt sich dies auch in ihrer Berichterstattung wieder. So werden die Geschehnisse stets mit einer kindlichen Perspektive wiedergegeben. Dies führt zu einer für mich bisher unbekannten und gewöhnungsbedürftigen aber auch sehr spannenden Weise dieses Buch zu lesen. Besonders auffällig ist die Leichtigkeit, mit der Kully die schwierige Situation ihrer Familie sieht. Obwohl der Krieg und damit die Nationalsozialisten immer näher kommen, hat die Flucht vor den Nationalsozialisten etwas von einem Ausflug mit ihren Eltern.
Auch wenn ich für den Roman etwas Eingewöhnungszeit brauchte, kann ich nur empfehlen ihn selbst zu lesen. Zusätzlich ist hervorzuheben, dass Imgard Keun höchstwahrscheinlich auch Erlebnisse ihres eigenen Lebens in den Roman hat mit einfließen lassen. Das Erscheinungsjahr 1938, in dem sie selbst im Exil lebte, lässt zumindest darauf schließen.