Marcel Feige: I don’t have a gun. Die Lebensgeschichte des Kurt Cobain

Lesepunkte: 4 Punkte
AutorIn: Marcel Feige
Titel: I don't have a gun. Die Lebensgeschichte des Kurt Cobain
Verlag: Beltz & Gelberg, 2014 ISBN: 978-3-407-74470-8
Seiten: 222 Preis: 7,95 Euro

Rezensiert von: Alexandra Krämer, 9. Klasse [Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, Leverkusen; Betreut von: Kai Wahle]

Die Biografie „I don’t have a gun“ von Marcel Feige erzählt die radikale Lebensgeschichte eines der einflussreichsten Musikers der 90er-Jahre: Kurt Cobain (1967-1994). Er und seine Band Nirvana stellten zu ihrer Zeit ein Vorbild für die jugendliche „Generation X“ dar und halten bis heute reges Interesse bei Jugendlichen aufrecht. Kurt Cobain war ein genialer, hochsensibler und zugleich zorniger Mensch, der – wie viele andere bekannte MusikerInnen – im „magischen Alter“ von 27 durch Suizid starb. Um eine Komplettierung von Cobains Lebensgeschichte bemüht, beschreibt Marcel Feige dessen Leben sehr detailliert.
Im Laufe des Buches, welches den Untertitel „Die Lebensgeschichte des Kurt Cobain“ trägt, geht Feige lückenlos auf eine Reihe von Fragen ein. In Bezug auf den „Club 27“, dem auch Cobain „beitrat“, ist das Buch in 27 Kapitel unterteilt. Diese sind jeweils mit Namen seiner Lieder betitelt. Dies strukturiert sein Leben vom frühen Kindheitsalter bis hin zu seinem Tod. Durch die Songtitel lässt sich das Thema des jeweiligen Kapitels grob erahnen. Das Leben des Künstlers wird von Marcel Feige als verzweifelte Suche dargestellt, angetrieben vom bloßen Willen, Musik zu machen: „Das würde der Rest meines Lebens sein – in einer Band spielen, auf Tour gehen, Konzerte geben und von Zeit zu Zeit meine Lieder im Radio hören. Das war´s auch schon. Ich hätte mir nichts Schöneres vorstellen können.“
„I don’t have a gun“ bietet einen einfühlsamen Einblick in Kurt Cobains Leben. Die LeserInnen werden durch dessen ergreifende und detailreich geschilderte Geschichte für Cobain begeistert. Die Biografie umfasst sowohl die Schattenseiten, als auch die Glücksmomente, ohne zu verschleiern, oder das Leben des Künstlers überzogen wirken zu lassen.
Marcel Feige fokussiert sich weniger auf die Band Nirvana und richtet den Schwerpunkt auf Kurt Cobains Persönlichkeit. Dessen Beziehungen zu Geliebten, Eltern, FreundInnen und auch Verhassten widmet Feige die Aufmerksamkeit, was Kurts innere Zerrissenheit widerspiegelt. Durch die vielen Zitate von Kurt nahestehenden Personen schafft er ein gut zugängliches Verständnis. Er bedient sich einer schlichten und treffenden Sprache, was die Wahrhaftigkeit von Cobains Lebensgeschichte unterstreicht.
Die Menge an tiefgründige Informationen, Gedankengängen und Schlüssen aus Kurts Handlungen belegt der Autor mit Aussagen und Zitaten aus Cobains Umfeld, überwiegend anderer deutscher Biografien und Cobains „Tagebüchern“. Es können Zweifel aufkommen, ob diese Informationen im Detail wirklich der Realität entsprechen, da einige nur marginal belegt sind. Unklar sind zum Beispiel einige Aussagen wie „Verdattert starrte Kurt seinen Vater an.“, die jedoch zu einem besseren Lesefluss beitragen. Durch diese Art, die Geschehnisse zu vermitteln, kann sich der Leser besser in die jeweilige Situation hineinversetzen.
Eine deutliche Stärke, die Feiges Biografie aufweist, ist die treffende Darstellung Cobains als ein verletzlicher, begnadeter und zuletzt unglücklicher Künstler, der „eigentlich nur Musik machen wollte, nicht mehr, nicht weniger.“ Die Verbindung, die der Autor zwischen Kurts persönlichem Zwiespalt und seiner Musik herstellt, ist positiv zu betonen. Seine innere Rebellion und Wut mündet oft in Erschöpfung, Sanftmut und Sensibilität, genau wie seine Musik, die zwischen leise und laut, andächtig und hart schwankt. Diese Verknüpfung stellt Feige sehr gut dar. Außerdem löst er sowohl bei den LeserInnen, die die Musik nicht kennen, als auch beim Fan eine Begeisterung und tiefstes Verständnis für den schicksalhaften Lauf des Lebens von Kurt Cobain aus. Obwohl man aufgrund der genannten Quellen annehmen könnte, es sei eine stumpfe Wiedergabe anderer Werke, handelt es sich bei dieser Biografie um eine mitreißende und informative Lektüre, die Unerwartetes und bisher Ungelesenes enthält.
Negative Kleinigkeiten, wie eine abweichend von einer anderen Biografie („Come as You Are: The Story of Nirvana“ von Michael Azerrad) dargestellte Szene und die Unklarheit, woher Feige einige Informationen nimmt, sind jedoch auch zu erwähnen. Hinzu kommt, dass das Buch gegen Ende an Ausschmückungen und Liebe zum Detail rapide abnimmt. Vom Erscheinen des Albums „Nevermind“ (1991) geht es nahtlos über bis hin zu Cobains Selbstmord (1994). Als ob die letzten Jahre seines Lebens nicht mehr würdevoll und erwähnenswert genug seien, sind die bis zuletzt aufgesparten Seiten nur spärlich mit Informationen gefüllt.
Das Buch lässt sich sehr gut lesen, ähnlich einem Roman, da es Marcel Feige den LeserInnen ermöglicht, gut in die Geschichte einzutauchen. Deshalb kommen keine Verständnisschwierigkeiten auf. Man hat das Gefühl, dass alles so kommt, wie es kommen musste. Ein deutlicher Handlungszusammenhang wird durch die chronologische Anordnung geboten, die Cobains Leben in Kapiteln Stück für Stück aufarbeitet.
Feige lässt auch den historischen Hintergrund der 90er-Jahre einfließen, indem er Bezug auf Kurt Cobains soziales Umfeld nimmt und die damalige gesellschaftliche Situation beschreibt. Nirvana war ein Vorbild der Jugendlichen und entlastete diese. Besagte Jugendliche, „die frustriert waren, von den vorherrschenden wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Zuständen“ fühlten sich durch die außergewöhnlichen und gesellschaftskritischen Texte Nirvanas angesprochen und verstanden.
Die Biografie enthält außerdem spannende Ausstattungen wie einige Bilder, eine Zeittafel, ein Glossar, eine Auflistung der Alben und dem Quellenverzeichnis, die das Buch vervollständigen.
Das Buch „I don't have a gun“ ist sowohl für Nirvana-Fans als auch gerade für LeserInnen, die sich bisweilen noch nicht mit dieser Band beschäftigt haben, in jedem Fall zu empfehlen. Dem Autor gelingt es erfolgreich, den LeserInnen mit bewegenden Details das Leben eines bedeutsamen Künstlers nahezubringen, während er verschiedene Interessenbereiche abdeckt.

Empfohlene Zitierweise

Alexandra Krämer: Rezension von: Marcel Feige: I don't have a gun. Die Lebensgeschichte des Kurt Cobain. In: LESEPUNKTE, URL: http://lesepunkte.uni-koeln.de/rezensionen/marcel-feige-i-dont-have-a-gun-die-lebensgeschichte-des-kurt-cobain/
Bitte setzt beim Zitieren dieses Beitrags hinter der URL-Angabe in runden Klammern das Datum Eures letzten Besuchs dieser Online-Adresse.

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben