Joyce Carol Oates: Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe

Lesepunkte: 2 Punkte
AutorIn: Joyce Carol Oates
Titel: Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe
Verlag: dtv, Reihe Hanser 2016 ISBN: 978-3-423-62625-5
Seiten: 315 Preis: 9,95 Euro
Altersempfehlung: ab 14 Jahren

Rezensiert von: Marleen Meyerthole, 10. Klasse [Liebfrauenschule, Köln; Betreut von: Christa Weber]

Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe“, geschrieben von Joyce Carol Oates, spielt größtenteils in einer High School in der amerikanischen, fiktiven Kleinstadt Quaker Heights und handelt von drei unterschiedlichen Mädchen, die, passend zum Titel, heimlich große Probleme mit sich herumtragen.

Merissa ist beliebt, gut in der Schule und hübsch. Für alle anderen scheint sie „das perfekte Mädchen“ zu sein. Aber wahrscheinlich ist es gerade sie, die die größten Probleme mit sich herumträgt: denn Merissa hat Angst davor, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren und immer nur das zu sein, was andere in ihr sehen wollen. Um das zu vergessen, ritzt sie sich. Sie tut alles, um ihrem Vater zu gefallen, der nie da ist und sie nur akzeptiert, wenn sie gut genug ist. Außerdem erfährt der Leser/die Leserin schon auf den ersten Seiten, dass Tink, Merissas ehemalige beste Freundin und Vorbild, sich vor einiger Zeit umgebracht hat. Sie beherrscht den zweiten Teil des Romans. Tink taucht immer wieder in Merissas Gedanken auf und scheint sie quasi zu „besuchen“. Ihr Tod bleibt sehr lange ein Rätsel, das erst spät ziemlich unspektakulär gelöst wird. Merissa ist, genau wie die anderen Mädchen auch, eine schwer greifbare Person. Mir fällt es schwer, ihnen Sympathie entgegenzubringen, da man zu wenig über die Charaktere erfährt, um wirklich „mit ihnen mitfiebern zu können“.

Außerdem hat man das Gefühl, diese Probleme werden nur oberflächlich angerissen und gar nicht als wirkliches Problem angesehen, was unglaubwürdig ist. Auch wirken manche Handlungsstränge so, als habe die Autorin alle Probleme, die Mädchen theoretisch haben können, zusammengetragen, um ein möglichst „perfektes“ Jugendbuch zu schreiben.

Neben Merissa und Tink gibt es Nadia, die den zweiten Teil des Romans beherrscht. Sie ist eigentlich bloß als unsicheres, naives, nicht sonderlich intelligentes Mädchen ohne Talent dargestellt, was in meinen Augen, besonders im Gegensatz zur begabten Merissa, übertrieben und klischeehaft wirkt. Ihr Problem ist ihre Verliebtheit in ihren Lehrer, was sie natürlich nicht ausdrücken kann. Ihr gesamtes Leben scheint damit ausgefüllt zu sein, was es wiederum schwer macht, sich mit ihr zu identifizieren. Nadia hat unberechtigt mit Gerüchten zu kämpfen, sie sei eine „Schlampe“. Auch sie überspielt ihre wahren Gefühle und zeigt zum Beispiel nicht, wenn Bemerkungen sie kränken. Obwohl beide Mädchen auf den ersten Blick so unterschiedlich sind, gibt es doch viele Gemeinsamkeiten. Der ganze Roman zeigt die Abgründe hinter den scheinbar normalen oder sogar perfekten Leben. Die Geschichte ist dabei oft erschreckend, es fällt schwer, weiterzulesen, wenn Merissa wieder einmal zu einem „scharfen Schälermesser“ greift und versucht, sich zu bestrafen und detaillierte Beschreibungen folgen. Für empfindliche Personen (wie mich) ist Oates Roman also eher weniger geeignet.

Aber gleichzeitig ist es auch interessant, darüber nachzudenken, wie es zu so etwas kommen kann und ob nicht eigentlich jeder in „so etwas“ hineinrutschen könnte. Am Anfang fällt es deshalb aber schwer, sich wirklich in das Geschehen hineinzufinden.

Der Schreibstil ist zwar manchmal schwierig, die Sprache ziemlich schroff, aber es passt zur bedrückten, eingeengten Atmosphäre, die erzeugt werden soll. Als LeserIn spürt man selbst diese Ausweglosigkeit aus den Situationen der Mädchen. Der Roman enthält wenig Spannung, abgesehen davon, dass man sich wünscht, dass die Mädchen endlich aus ihrer jeweiligen Situationen entkommen.

Alles in allem fällt es mir schwer, mir eine endgültige Meinung über den Roman zu bilden: Ich denke, es kommt sehr auf den jeweiligen Leser/die jeweilige Leserin an, ob ihm/ihr das Buch gefallen wird. Spannung zum Beispiel kommt eben gar nicht auf, aber es gibt trotzdem einige interessante und bewegende Stellen. Auf keinen Fall ist es ein einfaches, fröhliches Buch für zwischendurch, sondern man muss sich darauf einlassen.

Ich allerdings würde das Buch eher weniger weiterempfehlen und vergebe 1,5 Lesepunkte.

Empfohlene Zitierweise

Marleen Meyerthole, Rezension von: Joyce Carol Oates: Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe, In: LESEPUNKTE, URL: https://www.lesepunkte.de/rezensionen/joyce-carol-oates-zwei-oder-drei-dinge-die-ich-dir-nicht-erzaehlt-habe/
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