Holocaust. Millionenfacher Mord an unschuldigen Menschen, unfassbare Grausamkeiten und Verbrechen. Davon erzählt die Lebensgeschichte Hugo Höllenreiners, der im März 1943 im Alter von neun Jahren mit seiner gesamten Familie nach Ausschwitz deportiert wurde. Es folgten zwei Jahre voller unbeschreiblicher Gräueltaten und Verluste, die diesen Menschen geprägt haben und über die Hugo erst Jahrzehnte später reden kann.
Die Biographie „Denk nicht, wir bleiben hier“, erstmals erschienen 2005 und von der Autorin Anja Tuckermann nach mehreren Gespräche mit Hugo Höllenreiner niedergeschrieben, berichtet von dem Leben eines Menschen, der, obwohl ihm Schlimmstes angetan wurde, niemals aufgab und bis zu seinem Tod gegen das Vergessen des Genozids ankämpfte.
Das Buch ist nicht in Kapitel unterteilt, sondern besteht aus einer einzelnen fortlaufenden Erzählung, in der zunächst Hugos Familiengeschichte erzählt wird, bevor die eigentliche Hauptfigur, Hugo, in den Vordergrund tritt. Die Tatsache, dass Hugos Sinto-Familie seit sechshundert Jahren in Deutschland lebte und sogar ein eigenes Familienwappen besaß, unterstreicht nur noch die Haltlosigkeit der nationalsozialistischen Verfolgung. Hugo berichtet nachfolgend von seinen ersten Lebensjahren und der zunehmenden Diskriminierung in den dreißiger Jahren, die er als Schuljunge selbst erfahren muss. Im März 1943 wird die gesamte Familie nach Ausschwitz deportiert und es folgen zwei schreckliche Jahre im Konzentrationslager. Nach der Befreiung im Jahr 1945 versuchen die Überlebenden aus Hugos Familie einen Neuanfang, doch sie müssen weiterhin im Alltag gegen Diskriminierung ankämpfen.
Hugo hat zwar Ausschwitz überlebt, doch er hat zeitlebens mit den physischen und psychischen Folgen zu kämpfen. Erst im Jahre 1993 konnte er die Angst überwinden und zum ersten Mal über die Geschehnisse im Konzentrationslager sprechen. Von da an hielt er bis zu seinem Tod etliche Reden, besuchte Gedenkveranstaltungen und wurde mehrfach für sein Engagement ausgezeichnet. Hugo Höllenreiner starb im Juni 2015 im Alter von 81 Jahren in Ingolstadt.
Auffällig und prägnant sind die Kommentare, die der erwachsene Hugo in die nahtlose Erzählung einfließen lässt. Diese sind einfach gehalten, wirken zu keinen Zeitpunkt belehrend (dies gilt ebenso für das gesamte Buch) und ermöglichen eine noch bessere Identifikation mit Hugo. Dieser nüchtern erzählende Ton ist ebendas, was mir persönlich am besten gefallen hat. Aus gutem Grund habe ich keine genauen Geschehnisse aus dem Buch beschrieben, da ich der Meinung bin, dass die Schilderung der sehr schockierenden Erlebnisse hier keinen Platz haben sollte.
Jedem, der Hugos Geschichte selbst kennenlernen möchte, die exemplarisch für unzählige Opfer des Holocaust steht, empfehle ich, dieses traurige und schockierende, aber auch Mut machende Buch selbst zu lesen, das mich selbst aufs Tiefste bewegt hat.
Abschließend sei gesagt, dass dieses Buch aktuell wie eh und je ist und der Aufgabe, seine wichtige historische Botschaft auch im Jahr 2018 zu transportieren, mehr als gerecht wird. Ich vergebe 5 LESEPUNKTE.