Mein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse. LESEPUNKTE-Rezensent Erik Baum erzählt von seinem Messebesuch

Mein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse. LESEPUNKTE-Rezensent Erik Baum erzählt von seinem Messebesuch

Rauschen. Das ist das Erste, das mir auf der Frankfurter Buchmesse auffällt. Das Rauschen von riesigen Menschenmassen, von tausend erhitzten Gesprächen über Literatur, von unzähligen geschäftigen Diskussionen von Verlagen mit Autoren und Kunden. Als nächstes springen die Stände ins Auge. In einer unglaublichen Formen- und Farbenvielfalt bedecken sie jeden Quadratzentimeter der Halle, buhlen mit einzigartigen Ideen und Schwerpunkten um die Aufmerksamkeit der Besucher. Wohin man schaut, locken einzigartige Stand-Designs, eindrucksvolle Plakate und vor allen Dingen eines: Bücher. Von Fantasy über Krimis bis hin zu Wörterbüchern wird hier alles beworben, was auch nur im Entferntesten mit den Begriff Buch verbunden werden kann. In den schmalen Gassen tummeln sich die Besucher und bei den besonders großen und wichtigen Verlagen oder bei Vorlesungen stauen sich sogar die Massen. Es ist das genaue Gegenteil von dem, was man vielleicht von einer Buchmesse erwarten würde, nämlich laut, grell und geschäftig.

Im Laufe des Vormittags schlendere ich interessiert zwischen Ständen umher, lausche einigen Vorträgen und bewundere die unzähligen Buchumschläge, die sich in den Ständen dicht an dicht reihen. Es ist ein seltsamer Gedanke, wie eine ganze Gedankenwelt und so viel Kreativität zwischen zwei Buchdeckeln auf einige hundert Blätter Papier reduziert werden, wie in den Verhandlungen der Verlage mit den Autoren diese Universen aus 100.000 Worten zu einen simplen Objekt der Begierde zusammenschrumpfen, wie ein Buch hier auf seinen bloßen Wert als Gewinnbringer reduziert wird. Vor dem lauten Lärmen in der Halle verschreckt, flüchte ich auf den zentralen Platz des Messegeländes. Dort erwarten Frischluft-Deserteure wie mich bereits dutzende Imbissbuden, die zu den messeüblichen horrenden Preisen ihre Waren an diejenigen verkaufen, denen nach der umfangreichen geistigen Kost nun auch der Sinn nach leiblicher steht. Davon leicht abgeschreckt sehe ich mich lieber in den anderen Hallen des Messegeländes um und werfe einen Blick in das Presseforum, in welchem die ARD auf einer erhöhten Bühne Diskussionen abhält und gleich live ins Fernsehen überträgt. Gerade will ich mich niederlassen und mich der schweigenden Zuhörerschaft des Vortrags über Digitalisierung anschließen, als mein Blick auf  einen VIP-artigen Bereich fällt, in dem die Literaturagenten mit den Vertretern der Verlage über die Publikation neuer Bücher verhandeln. Während rund um den Podiums-Vortrag eine aufmerksame Stille herrscht, schallen durch die geöffneten Türen des VIP-Bereiches Wortfetzen an mein Ohr. Draußen beginnt langsam der Regen zu fallen.

Ich gehe, lange bevor ich alles zu sehen bekommen habe. Dafür ist einerseits der Tag zu kurz und andererseits meine Lust auf noch mehr Kommerz zu gering. Auf jeden Fall war es sehr interessant und ich habe einen ganz neuen Eindruck in die Branche gewonnen. Ich verstehe natürlich, dass es bei einer Messe gerade auch um die ökonomischen Faktoren geht. Aber: dass lebendige, atmende Literatur hier auf eine bloße Handelsware begrenzt wird und ihr Wert nur noch in Gewinnpotentialen angegeben wird, das verstehe ich nicht.

 

Empfohlene Zitierweise

Bericht von Erik Baum: Mein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse. In: LESEPUNKTE 2019, https://www.lesepunkte.de/mein-besuch-auf-der-frankfurter-buchmesse-bericht-von-lesepunkte-rezensent-erik-baum
Bitte setzt hinter die URL-Angabe in runden Klammern das Datum Eures letzten Besuchs dieser Online-Adresse.

1 Antwort

  1. Ein sehr eindrucksvoller Bericht. Er offenbart die “Schmerzen”, die ein Marktplatz zufügen kann, wenn man eine innige Beziehung zu der “Ware” hat. Vielleicht bringt ein Besuch einer großen alten Bibliothek mit dem “stillen Rauschen” der Leser und Leserinnen etwas “Heilung”. -?

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