,,Illegal, die Geschichte einer Flucht" ist ein Comic-Roman bzw. ein Graphic Novel, geschrieben von Eoin Colfer (Autor von „Artemis Fowl“) und Andrew Donkin. Illustriert wurde er von Giovanni Rigano.
Das Thema bezieht sich, wie im Titel schon deutlich wird, auf eine Flucht. Die Hauptfigur in dieser Geschichte ist der 12-jährige Junge Ebo, der mit seinem 16-jährigen Bruder Kwame auf dem Weg nach Europa ist, um dort ihre schon seit Monaten vermisste ältere Schwester Sisi zu finden.
Auf der Erzähl-Ebene wechselt der Roman ständig zwischen Gegenwart und Vergangenheit, was auf die Leser/innen eine spannungssteigernde Wirkung hat. Die Zielgruppe dieser Graphic Novel sind Jugendliche und junge Erwachsene, die Interesse an ernsteren Gegenwartsthemen haben. Die Intention der Buchautoren ist es, das für die Zielgruppe eher abstrakte Thema der Flüchtlingsbewegung der letzen Jahre an konkreten Einzelschicksalen zu verbildlichen und emotional nachvollziehbar zu machen.
Zu Beginn des Buches werden die Hauptfiguren Ebo und Kwame in einem Schlauchboot mit zwölf weiteren Flüchtlingen sitzend, eingeführt. Sie geraten in einen Streit, da nicht genügend Platz im Boot ist. Die maximale Personenanzahl, für die das kleine Bot ausgelegt ist, beträgt nur sechs Personen, es ist also mit der doppelten Anzahl an Passagieren bedrohlich überbeladen.
Unvermittelt erhalten die Leser mit dem zweiten Kapitel einen Blick in die Vergangenheit: Ebo befindet sich gerade in seinem kleinen Dorf in Afrika, 19 Monate zuvor. Ebo bemerkt, dass sein Bruder Kwame fort ist. Ohne sich verabschiedet zu haben, hat er sich auf die Reise nach Europa begeben und Ebo mit seinem Abschiedsbrief versprochen, dass er ihn mit dem Hubschrauber abholen lässt, ihn also nachholen will. Ebo beschließt, sich auf die Suche nach seinem Bruder zumachen und ihm zu folgen, statt bei seinem alkohlkranken Onkel Patrik zu bleiben, der sich nach dem Tod ihrer Eltern eigentlich um die Kinder kümmern sollte.
Als Ebo sich auf die Suche nach Kwame begibt, wird er von drei jugendlichen Rabauken geärgert. Doch er beginnt unvermittelt zu singen und seine wunderschön klingende Stimme rettet ihn, als er sich aus dem Staub macht.
Ebo entschließt, Kwame zu suchen und stiehlt sich mit dem Geld seines Onkels in der Nacht davon.
Die Leser/innen finden heraus, dass Kwame sich inzwischen in Tripolis befindet und dort als Kellner arbeitet. Dort findet Ebo ihn und trifft auf zwei neue Freunde, die sie auf ihrer Reise nach Europa begleiten wollten. Sie sparen gemeinsam genug Geld für alles was sie benötigen.
In der Erzählstrecke dieser Zeit werden die Leser immer wieder auf das Boot in die Gegenwart zurückgeholt, wo die Passagiere mit Schrecken feststellen müssen, dass ihr Boot ein Loch hat und sie, um nicht unterzugehen, das Boot umdrehen müssen. Dadurch verlieren die meisten ihr Reisegepäck.
Wieder in der Vergangenheit befinden sich die Jugendlichen gerade in einem Bus. Doch der Busfahrer wirft alle, die im Bus waren, hinaus und lässt sie alleine in der Wüste. Die vier Jungen finden nach stundenlangem Laufen ein weiteres Transportmittel, in dem sich allerdings zwei Leichen befinden….
Diese gesamte Handlung ist glaubwürdig aus dem Grund, da sie vielen Schicksalen „unbegleiteter jugendlicher Flüchtlinge“ entspricht, wie wir sie aus den Nachrichtenmagazinen kennen…. auch noch heute, obwohl die Flüchtlingswelle abzuebben scheint. Ebo und Kwame flüchten aus ihrem Heimatland, weil sie ihre ältere Schwester Sisi finden wollen, aber auch aus ihren ärmlichen Verhältnissen als verwahrloste Waisen bei einem alkohlkranken Verwandten, wegen der Hungersnot und mangelnder medizinischer Versorgung.
Es ist den Autoren und dem Illustrator von „Illegal“ gelungen, die Wirkung und Überzeugungs-Kraft dieses Comics dadurch zu erhöhen, immer zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu wechseln. Dieses Buch ist aufgebaut wie ein Comic und ähnelt dadurch dem filmisch-dokumentarischen Erzählen. Wie ein Film, der reale Jugendliche porträtiert, passt sich der Sprachstil der Umgangssprache von Jugendlichen, die in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen sind, an. Diese Geschichte wird aus der Perspektive von Ebo erzählt. Sie ist auch für junge Lesende leicht lesbar und verständlich.
„Illegal“ ist eine Geschichte über einen Jungen, der aus seiner Heimat flüchtet um seine Geschwister zu finden und während seiner gefährlichen Reise sowohl Schönes als auch Schreckliches erlebt. Ich fand das Buch prägend und überaus spannend. Außerdem ist das Buch kurz und so fesselnd, dass selbst jemand, der nicht gerne liest, es nicht aus den Händen legen kann. Die Erzählung ist auf jeden Fall für Leute geeignet, die bereit sind, sich auch den gefühlsmäßigen Wagnissen einer zwar erfundenen aber realistischen Fluchterzählung zu stellen….
Das Buch „Illegal“ erhält von mir 5 von 5 möglichen Lesepunkten.