Ein Spannungsroman, der mehr ist
Blake Nelson ist tot. Angeblich wurde er von seiner Ehefrau ermordet. Die Frage ist: Von welcher?
Blake Nelson, Angehöriger der Heiligen der Letzten Tage, wird in der Wüste Utahs grausam ermordet und verstümmelt gefunden. Seine drei Ehefrauen behaupten, er habe keine Feinde gehabt und verteidigen ihr zurückgezogenes Leben im Nichts, doch es wird schnell klar, dass jede von ihnen ein Mordmotiv gehabt hätte. Rachel, Blakes erste Frau, die auch aus einer Mormonenfamilie stammt, Emily, Blakes zweite Frau, die nach dem Bruch mit ihrer Familie von ihm völlig abhängig war, und Tina, Blakes dritte Frau, die aus Las Vegas stammt und sowohl Prostituierte als auch drogenabhängig war, verbergen alle ihre Geheimnisse. Die Polizei hält eine von ihnen für die Mörderin, aber die drei sind sich sicher, dass etwas übersehen wird. Um die Wahrheit über Blakes Tod herauszufinden, müssen sie erst lernen, einander zu vertrauen und sich mit ihrer eigenen Vergangenheit zu konfrontieren.
Viel mehr als ein Thriller
Das Cover des Romans verspricht einen Thriller, aber das wäre eine unzureichende und irreführende Bezeichnung für eine Geschichte, die eine Mordermittlung auf außergewöhnliche Weise schildert und dabei die Schicksale der Verdächtigen in den Vordergrund stellt und nicht das polizeiliche Vorgehen. Drei Witwen ist durchaus ein Spannungsroman, aber gleichzeitig auch viel mehr als ein Thriller.
Lesende ergreifen Partei
Geschildert wird das Geschehen von den drei Ehefrauen - oder besser: den drei Witwen -, die dem Roman seinen Namen geben. Abwechselnd kommen Rachel, Emily und Tina zu Wort und erzählen aus der Ich-Perspektive als Monolog im Präsens, was gerade passiert. Jede Frau bekommt immer ein Kapitel. Die Perspektivwechsel sind schnell und trotzdem ist der Einblick in die Psyche der Frauen tief. Die abwechslungsreiche und vielseitige Betonung der Gefühle und Emotionen sowie der Geschehnisse ist gut gelungen und gibt dem Lesenden die Möglichkeit, in die Figuren einzutauchen. Manchmal fühlt man sich sogar gezwungen zu wählen und Partei zu ergreifen, aber diese Entscheidungen des Lesenden werden im nächsten Kapitel von den Schilderungen der nächsten Frau sofort wieder infrage gestellt und umgeworfen. Die Konflikte der Charaktere werden umso deutlicher. In diesen Monologen der drei Frauen gibt es auch eine Vielzahl an Rückblenden, die besonders bei Rachel immer wieder auftauchen. Die Rückblenden geben wichtige Anhaltspunkte und dem Lesenden die Möglichkeit, sich die Geschichte ein Stück weit selbst zusammenzupuzzeln, aber das gerät teils etwas lang und verwirrend und wiederholen sich oft. Das Ende ist vielversprechend und unvorhersehbar, ein gelungener Klimax einer gelungenen Storyline
Die kurzen Kapitel ermöglichen einen schnellen Lesefluss, der sich aber immer leicht unterbrechen lässt. Die Kapitel sind gesondert voneinander zu betrachten und dadurch eignet sich das Buch sehr gut als Lektüre für zwischendurch, für beispielsweise den Weg zur Schule mit Bus oder Bahn.
Das einzige, was gegen eine Lektüre für zwischendurch spricht, ist die unglaubliche Spannung, die aufgebaut wird. Während der Anfang sehr schleppend ist, manche Stellen etwas langatmig scheinen und es schwer sein kann, seinen Weg in die Geschichte zu finden, wird es nach dem ersten Drittel des Buches umso spannender. Man will immer weiterlesen, um endlich das Puzzle zu vervollständigen und den unvorhersehbaren und überraschenden Verlauf zu verstehen
Starke Frauenfiguren und Freundschaften
Neben der Spannung durch den Verlauf der Geschehnisse sind es auch spannende Themen, die behandelt und aufgearbeitet werden. Polygamie, Mormonen- und Fundamentalistentum, Leben in Extrembedingungen, Sekten, Umgang mit Trauer, Familie und was das heißt, Freundschaft, Missbrauch und andere Themen werden sensibel und einfühlsam vermittelt und dieser Einblick in eine Welt, die einem sonst weitgehend verborgen bleibt, gibt dem Buch großen Mehrwert. Auch die starken Frauenfiguren und vor allem die Frauenfreundschaften machen das Buch mitreißend und interessant.
Das einzig wirklich Gewöhnungsbedürftige für mich beim Lesen war die verwendete Sprache. Alles ist in kurzen Sätzen mit einer teils komischen Satzstruktur, im Präsens (außer der im Präteritum geschriebenen Rückblenden) und als Ich-Erzählung geschrieben. Die Erzählweise ist teils unnatürlich und die Gedanken der Frauen nicht nachvollziehbar. Das ist aber eine Frage der persönlichen Neigung. Während ich bei einer solchen Sprache beim Lesen eher innehalten und meinen Lesefluss unterbrechen muss, kann ein anderer Lesender an einem solchen Schreibstil großen Gefallen finden.
Großartige Themen, packendes Buch
Ich würde das Buch für allzu junge Leserinnen und Leser nicht empfehlen, da die Themen und Geschehnisse teils einfach zu hart sind und selbst ich mit einigen Stellen zu kämpfen hatte, aber ab 17 sollte es gut zu lesen sein.
Die Storyline ist gut konstruiert und die Figuren sind ansprechend. Die aufgebaute Spannung und die Wahl der Themen sind großartig und auch die Wahl von eher kurzen Kapiteln ist sehr gelungen. Nur die Sprache unterbricht den Lesefluss, sonst ist „Drei Witwen“ ein überaus packendes und mitreißendes Buch, was die 4 (ich würde sogar sagen viereinhalb) von 5 LESEPUNKTE redlich verdient hat.