Der Roman „Nachtarbeiter“ vom ehemaligen New Yorker Ermittlungsanalytiker Brian Selfon begeistert auf 368 Seiten viele.
Die Geschichte rund um Shecky, einen älteren Geldwäscher, und seine „Familie“ ist zwar etwas verworren, bietet jedoch reichlich Potential. Keresha und Henry sind nämlich eigentlich adoptiert. Und das nicht bereits im Kindesalter. Der/Die Leser*in soll also eine Bindung zu den Charakteren dieser „Familiensaga“ aufbauen, um, als das Geldwäschekonstrukt ins Schwanken gerät, noch auf ihrer Seite zu sein. Zwar immer noch auf einer kriminellen Seite, doch der im Laufe des Kriminalromans neu auf den Plan tretende richtig große Untergrund-Boss in Brooklyn ist ja noch viel krimineller. Dieser tötet nämlich Kuriere Sheckys und gute Freunde Henrys, beobachtet ihr Haus und stiehlt ihnen 250.000 Dollar.
Ob sich der Jumbo Verlag mit Selfons Debütroman einen Gefallen getan hat, das liegt vermutlich im Auge des Betrachters. Durch außerordentlich verunsichernde Zeitsprünge, vollkommen unnötige seitenlange Dialoge und Perspektivwechsel wird meiner Meinung nach jegliches Potential verschwendet. Zu einer „Familiensaga“ gehört eben weitaus mehr als drei Kriminelle unterschiedlichen Alters mit unterschiedlichen Fähigkeiten unter ein Dach zu bringen. Dass der in der Thematik erfahrene Brian Selfon in seinem Krimi-Noir Brooklyn so finster und gewalttätig schildert, hat bestimmt seine Berechtigung.
Jedoch sollte man sich beim Kauf dieses Buches über die beispielsweise abgehackte und unverblümt vulgäre Sprache im Klaren sein. Selbst Parataxen werden teilweise nur noch zu deformierten Satzstücken, und ich möchte hierbei der Übersetzerin, Sabine Längsfeld, keine Schuld zuweisen.
Abgesehen davon, was man von so etwas halten mag, lässt sich abschließend sagen, dass dem/der Leser*in Erkenntnisse des Protagonisten vorzuenthalten, ein schwieriges Stilmittel für die Erzeugung von Spannung ist und zumindest mich trotz eigentlich guter Storyline eher resigniert zurückließ.
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